Zwischen Planwagen und Lagerfeuer
Zigeunermusikklänge von „Czardas“ in der Kulturrösterei
Der Saal in der Kulturrösterei ist an diesem Abend restlos gefüllt. Während so manch einer für das „Czardas“-Konzert am Freitag, den 16. März
keine Karte mehr ergattern konnte, freuen sich diejenigen, die etwas mehr Glück hatten über das zweite Konzert von Geiger Jan Baruschke und Akkordeonistin Martina Tegtmeyer in diesem Jahr.
Denn aufgrund der großen Nachfrage nach ihrem Auftritt im Januar hatten die beiden Lübecker Musiker kurzerhand entschieden, ein weiteres Mal in der Kulturrösterei zu spielen. Die ersten Gäste waren bereits am Nachmittag eingetroffen und warteten geduldig auf den Beginn des Konzerts. Pünktlich um 19 Uhr ist es dann endlich soweit. Baruschke und Tegtmeier betreten die kleine Bühne und legen nach ein paar einführenden Worten los: „Czardas“, Titel des Konzertprogramms wie auch die Bezeichnung für die ungarische Tanzmusik, allgemein als „Musik des fahrenden Volkes“ bekannt und beliebt, ist temporeich, impulsiv und auf eine Weise lebendig, dass man fast meint, das Prasseln eines Lagerfeuers in der Nähe zu hören. Sternenhimmel, ein paar Wagen, Zelte, all das scheint greifbar nah, stimmt sehnsuchtsvoll.
Tegtmeier und Baruschke verkörpern ihren „Czardas“, in dem sie gekonnt eine gemeinsame Stimme gefunden haben, in einer solch hingebungsvollen Weise, die die Zuhörer sofort packt und mit nimmt auf ihre weite Reise durch die Welt der Zigeunermusik. Und so geht es von Russland über Georgien nach Mazedonien, von Rumänien über Ungarn und Armenien bis nach Israel. Wo auch immer der "Czardas" gespielt wird, mag man meinen, lebt die Musik, die Liebe und die Freude am Leben, lädt ein zu Tanz und zum Fest. Ein wenig schade nur, dass es dazu in der Kulturrösterei an diesem Abend leider keine Gelegenheit geben kann, denn dicht an dicht ist in dem bestuhlten Saal kein Platz dafür.
Doch ein Blick durch den Raum verrät, dass die Zuhörer auch so jedes Stück des Duos genießen, die Musik in sich aufnehmen und sich mit ihren lächelnden Gesichtern und glänzenden Augen vielleicht ein wenig wünschten, die vorgestellte Reise wäre Wirklichkeit...
Mit kleinen Episoden und Geschichten zu ihren Liedern zaubert Martina Tegtmeier hier und da ein Schmunzeln hervor und bettet die Musik in einen Kontext, der verstehen lässt, was den "Czardas" so besonders macht: Stimmungsbilder, die eine Leidenschaft in der Musik bezeugen, wie sie für die Zigeuner so berüchtigt ist;
schnell, pulsierend, virtuos und fast ekstatisch.
Nach einigen Zugaben und dennoch viel zu früh endet das großartige Konzert der sympathischen Musiker gegen 21 Uhr. Tosender Applaus des Publikums und glückliche Gesichter auf der Bühne machen eines sicher: sie werden (bald!) wieder kommen müssen!
von Nina Kossak